Entwicklung der deutschen Sprache und ihre Standardisierung
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Entwicklung der deutschen Sprache und ihre Standardisierung

Lange galt Martin Luthers erste vollständige Bibelübersetzung aus dem Lateinischen in das Deutsche von 1534 als Beginn der heutigen deutschen Hochsprache. Allerdings begann die heutige Entwicklungsstufe, und damit der Beginn des Neuhochdeutschen, erst 100 Jahre später um 1650.

Der Ursprung der deutschen Sprache liegt in den indogermanischen Sprachen. Sprachwissenschaftler stellten Anfang des 19. Jahrhunderts fest, dass fast alle Sprachen (und somit wohl auch Völker) Europas und mehrere Sprachen (und Völker) Asiens einen gemeinsamen Ursprung hatten. Weil diese verwandten Nationen ein weites Territorium von den germanischen Völkern im Westen bis zu den asiatischen Völkern im Norden Indiens besetzen, wurde das hypothetische Urvolk Indogermanen, und die Sprache, die sie vor mehreren Jahrtausenden sprachen, die Indogermanische Ursprache genannt.

Indogermanische Sprachen um das Jahr 500 - Quelle:
Indogermanische Sprachen um das Jahr 500

Die germanische Sprache im engeren Sinn entstand im 1. Jahrtausend v. Chr. als Ergebnis einer „ersten Lautverschiebung“, wie die Forschung diesen Sprachwandel nennt. Durch die Ausbreitung des römischen Reiches und der vielen germanischen Söldner im römischen Heer, mischten sich germanische Dialekte mit römischen und griechischen Wörtern. Im 3. bis 5. Jahrhundert übernahmen die Germanen unter römischem und griechischem Einfluss auch die Siebentagewoche. Die germanischen Namen der Wochentage waren zumeist Lehnübersetzungen der lateinischen Bezeichnungen, die von den Namen der Planetengötter stammten. So ist zum Beispiel Sonntag die wörtliche Übersetzung des lateinischen diēs Sōlis (Tag der Sonne) oder Samstag entlehnt aus dem griechischen sábbaton und, indirekt, dem hebräischen Schabbat (שבת).

Seit dem frühen Mittelalter wurden vor allem religiöse Texte in den frühen germanischen Sprachen verfasst. Die normale Schreibsprache blieb das Lateinische. Die erste Form des Deutschen, dem Althochdeutsch, entwickelte sich mit der zweiten Lautverschiebung ab 600 n. Chr. und zog sich über vier Jahrhunderte. Vor allem die im Süden und in der Mitte Deutschlands gesprochenen Dialekte (Ober- und Mitteldeutsch) wurden von der zweiten Lautverschiebung beeinflusst und galten fortan als hochdeutsche Dialekte. Diese Entwicklung trennte das Hochdeutsche vom Niederdeutschen. Von der Lautverschiebung waren vor allem die Konsonanten „p“, „t“, „k“ betroffen. Durch die Lautverschiebung wurde „p“ zu „pf“ oder „f“. Das Wort „Appel“ veränderte sich durch die zweite Lautverschiebung zu „Apfel“. Die Sprecher im Norden sagen bis heute weiterhin „dat“, „wat“ und „Water“, die im Süden und in der Mitte sagen „was“, „das“ und „Wasser“.

Die zersplitterten Naturräume mit tiefen Tälern und hohen Bergen sowie die Kleinstaaterei begünstigten auf kleinstem Raum eine Sonderentwicklung in der mündlichen Sprache. Auch die fehlende Mobilität der Bauern und die noch im Mittelalter fehlende überregionale Schriftsprache sorgten in kleinen Territorien für die Ausbildung eigener Dialekte.

Die Standardsprache entwickelt sich in der frühen Neuzeit zunächst als eine reine Schriftsprache, an deren Ausformung der sächsische und der pfälzische Dialekt, also die Sprachregion Ostmitteldeutschland, stark beteiligt waren. Bei diesem Vorgang wurden Dialektformen aus der Schriftsprache verbannt. Einzelne Dialektwörter konnten sich innerhalb der Standardsprache als spezialisierte Ausdrücke halten wie die Wörter Schornstein, Kamin, Schlot, Esse, die zunächst alle nur den „Rauchabzug im Haus“ bezeichneten. Heute ist die Standardsprache die hochdeutsche Schriftsprache mit einer einheitlichen Grammatik und Aussprache.

Quellen:

Empfohlene Literatur:

  • Peter von Polenz, Geschichte der deutschen Sprache, 25.02.2020